Samstag, 18. Oktober 2025

Reifen - wie sollten sie aussehen, woher bekommt man sie... und was, wenn sie nicht verfügbar sind

 Das einzige, was das Fahrzeug auf der Straße hält, was das Fahrzeug (abgesehen von den Bremsen) zum Stehen bringt, sind die Reifen und irgendwann - entweder durch Verschleiß oder Alterung - müssen die Reifen ersetzt werden.

 Bei modernen Autos alles recht unproblematisch, bei Fahrzeugen wie dem Austin Seven - bedingt durch das Alter - aber mit ein paar zusätzlichen Hürden versehen.

Die Reifen sollen:

  • authentisch sein
  • verfügbar sein
  • langlebig sein

Avon

 Meine Reifen von Avon sind... ja, ein jeder Reifenspezialist würde in Tränen ausbrechen... vermutlich 45 Jahre alt. Auf der Basis der Angaben auf den Reifen "Avon [SM] MK II, Made in England E-28048, Reg. Design No. 891150 AM 7, 3.50 - 19 Tubed Type" versuchte ich Ersatzreifen zu bekommen. Zuerst bei Avon. Avon listet die Reifen zwar noch auf der Homepage auf, aber im Handel sind sie nicht mehr verfügbar. Im Austin Seven Forum schilderten Besitzer ihre Erfahrungen mit noch relativ neuen Avon Reifen der gleichen Art und die Ergebnisse sind wenig erfreulich. Anscheinend wurde nach dem Aufkauf von Avon nicht mehr in gleicher Qualität produziert. Eine nüchterne Empfehlung eines Forenmitglieds lautete sinngemäß: "Dann bleib lieber bei den 45 Jahre alten Reifen", die - so muss ich gestehen, immer noch top aussehen und kaum Verschleiss aufweisen.

 Wenn schon keine Avon mehr - deren Profil sehr grob und somit fast schon authentisch aussehen - dann vielleicht eine andere Marke - aber dann auch ohne Kompromisse. Wie sahen die Reifen denn früher aus?

Historische Vorlage

Warum sollte man nach einer langwierigen Restaurierung nicht auch Reifen montieren, die so nah wie möglich am Original sind? Wenn es sie gibt, dann her damit. Wie aber sahen die damaligen Reifen aus? Aufschluss darüber erhält man anhand von historischen Fotografien. Zwei Fotografien - unterschiedliche Austin Sevens zu unterschiedlichen Zeiten aufgenommen - zeigen ein einheitliches Bild: 

Die Reifen wiesen damals sehr markante "studs" auf, also Stollen, drei nebeneinander und rechteckig. Das schien das Standardprofil zu sein und dient für mich als Maßgabe.

Longstone

Quelle: longstonetyres.com

Die Firma Longstone  (https://www.longstonetyres.co.uk/350x19-longstone.html) bietet neben etlichen bekannten Markenreifen auch eine eigene Reifenserie an, die genau auf Austin Seven zugeschnitten ist. Die Reifengröße von 3.50 x 19 im historisch korrekten 3-studs Erscheinungsbild ist Teil des Programms. Kleiner Wehmutstropfen ist zu Zeit aber die Tatsache, dass die Reifen neu aufgelegt werden müssen. Der aktuelle Preis (Oktober 2025) beträgt 114 £ pro Stück.


Blockley

Quelle: blockleytyre.com
Die Firma Blockley (https://www.blockleytyre.com/product/350-x-19) bietete ebenfalls das gewünschte Maß und auch die 3-studs Optik an. Diese sind zur Zeit verfügbar, allerdings konnte ich noch keine kontinentale Quelle (Brexitkosten: siehe Artikel)  ausfindig machen. Der Preis zum jetzigen Zeitpunkt liegt bei 100,80  £ pro Stück.


Dunlop

Quelle: idealo.de

Alternativ - da definitiv über kontinentale Händler erhältlich - ist der Dunlop 3.50-19 57 P Dunlop K70 (TT), der allerdings einen entscheidenden Nachteil aufweist: Er hat nicht wie die Konkurrenz eine flache Lauffläche, sonder ist gewölbt. Das Profil ist "modern" und hat nichts mit der alten Optik zu tun. Preislich lässt er sich zu rund 125 € im Internet finden.

Mittwoch, 8. Oktober 2025

Öl, Öldruck, Ölviskosität, Ölhaltbarkeit - Warüber man so nachdenkt

Mit Beginn meiner Begeisterung für den Austin Seven plagte mich auch schon immer die Frage, was man im Alltagsbetrieb falsch machen könnte, und so ein perfekt funktionierendes Fahrzeug zu gefähreden oder zu schädigen. In erster Linie betraf das immer das Öl.

Die Wahl des Öls

Vor der Restaurierung – also vor rund 32 Jahren – kam noch legiertes 20W-50 in den Motor. Nach der Restaurierung verblieb es dabei, denn der Motor war komplett gereinigt worden, die Ölrückstände waren entfernt, und es bestand keine Gefahr, sich diese durch die Reinigungslegierungen wieder in den Ölkreislauf zu pumpen. Ein fatales Problem, denn die Rückstände verstopfen die Kanäle, und eine Schmierung wäre nicht mehr gegeben.

Irgendwann wurden dann die Rufe lauter, dass man aufgrund der verbauten Metalle im Motor gänzlich auf legiertes Öl verzichten solle. So muss es vor rund 20 Jahren passiert sein, dass das Fahrzeug nur noch unlegierte, klassische Motoröle erhielt. War es zu Beginn noch Castrol, wechselte man irgendwann zu Miller und danach zu Rowe.

Für alle Wechselwilligen und Bedenkenträger empfiehlt sich der Artikel der Zeitschrift Oldtimer-Markt hat getestet und da ist einiges Interessantes zu finden. Erstens müssen die Öle für Vorkriegsautos nicht teuer sein und dann gibt es auch noch erhebliche Unterschiede.

Der Öldruck

Schon früh hielt ich mich an die Regel, dass – egal, wie viele Kilometer pro Jahr gefahren worden waren – das Öl am Ende der Saison gewechselt wurde. Kompromisslos, denn was sind schon 20 Euro für einen Ölwechsel, wenn er die Instandsetzung eines geschädigten Motors ersetzen kann?

Eine weitere Regel, die ich penibel beachte, war der im Handbuch angemahnte Blick auf den Öldruckmesser. Denn:
„Das Manometer wird den höchsten Druck kurz nach dem Starten, bei noch kaltem Motor anzeigen. Ist das Öl des warmgelaufenen Motors flüssiger geworden, so kann der Öldruck ziemlich stark – bis zu 1 lb – fallen. Dies genügt jedoch, da das Öl in Umlauf ist.
Eine Hemmung im Ölumlauf während des Fahrens zeigt sich durch eine plötzliche Druckerhöhung am Manometer an. Diese vom normalen Zeigerstand völlig abweichende Stellung kann sofort bemerkt werden, sodass man für umgehende Beseitigung der Störung Sorge tragen kann.“
Genau so verhält sich im Prinzip auch das Manometer. Allerdings sind die Angaben vage, denn die Zeit, bis der Motor warm ist, und die Zeit, bis der Druck auf fast null fällt, sind sehr unterschiedlich.

Noch problematischer wird es, wenn Öle unterschiedlicher Viskositäten verwendet werden, wie dies aufgrund von Ermangelung von SAE 40 bei mir der Fall war. 

Das Öl sollte immer der Jahreszeit angepasst sein, ansonsten kann es zu flüssig oder zu zäh sein. Wie sehr dies schon bei der Verwendung eines SAE 40 im Vergleich zu einem SAE 20W-50 zu Unterschieden führt, zeigt folgende Darstellung. Die Ausgangslage war in beiden Versuchen dieselbe. Die Außentemperatur betrug ca. 12°C, der Motor war beim Losfahren gleich kalt, die Ölmenge identisch.

Oil pressure Austin Seven when using different oil viscosities, SAE 40 versus SAE 20W-50
Für mich und mein Fahrzeug heißt dies nun, dass ich beim Einbereichsöl bleibe und mich mit den mir bekannten Werten wohlfühle... Never change a running system!

Immer schön sauber halten - Ölkanäle

Was nutzt das beste Öl, die größte Vorsicht beim Ölstand, wenn das gute Schmiermittel nicht die entscheidenden Stellen erreicht. Der Austin Seven verfügt über eine Pumpe, die mittels Kanälen und zweier Düsen das Öl an die 4 Lager der Kurbelwelle bringt. Diese müssen sauber sein und dazu hat der Seven zwei Schrauben - sehr unzugänglich - die nach Entfernen den Zugang zu den zwei Öldüsen freigeben. Mithilfe eines Drahtes - das Handuch spricht von 1/16'', also 1,588 mm Durchmesser - kann man die Düsen freistechen. Da meine größte Sorge ist, dass beim Herumhantieren ein Draht abbricht, steckenbleibt oder Schaden anrichtet, verwende ich Gitarrensaiten, die für die Düse steif genug, für die Kanäle flexibel und reinigend sind. Die Belastbarkeit des Materials ist beeindruckend, die Länge verhindert ein Abrutschen, die Öse am Ende der Saiten schützt zusätzlich.

Austin Seven Ölschraube für die Öldüse
Entfernte Schraube für die vordere Öldüse

Austin Seven Schlüssel zum Entfernen der Ölschraube der Öldüsen und geeignete Gitarrensaiten für die Reinigung der Kanäle und der Öldüsen
Passender Schlüssel und Gitarrensaiten für die Reinigung der Düsen und Kanäle


Haltbarkeit - nie darauf geachtet

Dass ich diesen Beitrag überhaupt verfasse, ist ein wenig der Tatsache geschuldet, dass ich meinte, einen Überblick über meine Ersatzteile zu haben. Ein Trugschluss, denn die Verwendung des ansonsten nicht eingesetzten 20W-50 ergab sich daraus, dass ich glaubte, kein SAE 40 mehr zu besitzen. Nachdem ich die erste Probefahrt gemacht hatte, die die interessanten Unterschiede beim Öldruck (siehe oben) zutage förderten, räumte ich die Garage um bzw. auf und eine braune Umverpackung lächelte mich an. Ich hatte keine Ahnung, was diese enthalten könnte. Es war ein Kanister SAE-40. Beim Entpacken fiel mir zum ersten Mal auf - vielleicht wurde es mir überhaupt zum ersten Mal bewusst - dass Öl auch ein BB-Aufdruck hat, ein "Best Before", also ein Mindesthaltbarkeitsdatum. Dies ließ mich meine Vorräte erneut sichten und so sortieren, dass der "alte Kram" zuerst verbraucht wird. Dass das Öl nach dem Anbrechen auch nur noch ein halbes Jahr verwendet werden soll, ist für mich in der Praxis nicht umsetzbar. Daher setze ich mir folgende Ziele: Kaufen wenn Bedarf besteht. Angebrochenes verbrauchen. Keine Panik, wenn die ersten Ziele nicht verfolgt werden können... Es ging schon 36 Jahre gut, aber... ich werde darauf achten.

Donnerstag, 14. August 2025

Puhhhh... Heiß

 TÜV bestanden, Auto gewartet und gepflegt, kein Regen... Kein Regen ist gut... Sonne, 36 Grad Celsius und leere Straßen.

Es war wirklich eine merkwürdige Kombination aus bestem Wetter und völliger Vereinsamung, die bei der heutigen Ausfahrt die Atmosphäre bildete. 

Es war so stechend heiß, dass die Menschen vorsichtshalber zuhause blieben. Für Austinfahrer genau richtig, denn leere Straßen vermeiden unliebsame Begegnungen mit Dränglern und Ausbremsern. 

Eine traumhaft schöne Ausfahrt durch die kühlen Wälder.


Austin Seven RP 1934


Austin Seven RP 1934


Mittwoch, 13. August 2025

Kontaktpflege - hilft in allen Lebenslagen

 Es scheint eine Regelmäßigkeit zu sein, dass nach einem TÜV-Termin irgendetwas schief läuft.

War es beim letzten Mal eine rüttelnde Bremse, die beim TÜV noch in Ordnung war, so war es diesmal ein Rütteln und Schütteln beim Gasgeben. Dieses Phänomen trat vor rund 15 Jahren schon einmal auf und hatte mit den Zündkontakten im Verteiler zu tun. Also wurden alle Kabel aus dem Verteiler geschraubt, mit einer Drahtbürste gereinigt, mit Kontaktspray bearbeitet und wieder eingesetzt.

Die Probefahrt war ein voller Erfolg. Das Ergebnis übertraf meine Erwartungen, anscheinend hat der Prozess der Alterung über die Jahre die Fahrleistung generell schlechter werden lassen.

Nach der Reinigung war das Fahrzeug kaum wiederzuerkennen. Somit kommt auf meine regelmäßige Wartungsliste auf das Reinigen der Kontakte.

Dienstag, 12. August 2025

GTÜ - immer wieder eine Freude

 Alle zwei Jahre hat der Automobilist die Angst vor der technischen Wahrheit... Ein kleines Aufkleberchen, das über ein glückliches Zusammensein oder die Trennung entscheidet... Ich spreche von der Hauptuntersuchung.

Ich mache es kurz.... Er kam, performte und siegte. Bis August 2027 darf der Austin auf der Straße bleiben. 

Ein Dank an die Herren der GTÜ! 

Samstag, 21. Juni 2025

Kontrolle... Muss sein

 Nachdem letztes Jahr - oder ist es sogar schon wieder zwei Jahre her - eine der vorderen Bremsen wummerte, da aus unerklärlichen Gründen Fett austrat, wurde aus Gründen der Vorsicht noch einmal nachgeschaut.

"Gut" , so die Gesamtlage.  Die Bremse war Austin-spezifisch trocken. Da das Rad ohnehin entfernt, die Bremstrommel abgezogen war, wurde das Achslager auch gleich geschmiert und gleich danach wieder zusammengesetzt.


Getriebeöl noch schnell inspiziert und generell hier und da mal rein- und druntergeschaut. Alles gut. 

Dienstag, 17. Juni 2025

Oldtimerpreise fallen - Austin Seven auch betroffen

 Da kauft man sich ein altes Auto - aus Leidenschaft und Begeisterung - man restauriert es, repariert es, kauft Ersatzteile und Literatur - Sie wissen, wovon ich rede, oder!? Eigentlich sollte man sich dem Thema nicht von der pekuniären Seite nähern, denn insbesondere bei so kleinen Fahrzeugen dürfte das "Investieren" immer höher liegen, als das "Kassieren", aber darum geht es vermutlich den wenigsten Enthusiasten. Gerade bei unseren Fahrzeugen - insbesondere den Standardkarosserien - kann die Umwandlung von einem mäßigen Zustand in einen sehr guten Zustand ein Verlustgeschäft sein, denn denselben Aufwand kann man auch bei einem hochwertigen, großvolumigen Fahrzeug betreiben und die Kosten herausholen. Die Zahlen sind ernüchternd:

Das ist die aktuelle Marktlage - entnommen Classic Cars, issue 625, August 2025 - und sie ist recht eindeutig:


Selbst in einem sehr guten Zustand lässt sich mit einem Austin Seven Box Saloon kein Geld verdienen, wenn man ihn so günstig in Großbritannien kaufen kann.
"The big fallers were the Classic Index, tracking more traditional classic cars, and the Best of British. Both of these have a significant number of older cars, and this downward movement reflects what we’ve seen for some time – older classics, unless they are very special, have tended to lose or remain static in value."(1)

 Generell scheint das Interesse an Vorkriegsfahrzeugen aufgrund einer schwindenden und an diesen Fahrzeugen interessierten Käufergruppe geringer zu werden. Man will ein Fahrzeug haben, das man vielleicht aus der Jugend noch kennt, das man auf der Autobahn einsetzen kann, als Zweitwagen eine echte Option darstellt, da fallen Vorkriegsfahrzeuge mit ihren vielzähligen Restriktionen (Sicherheit, Geschwindigkeit, Ersatzteilversorgung etc.) verstärkt aus dem Blickfeld der jetzigen Käufer.

In dem Oldtimer-Forum "Old Classic Cars" bringt es der User Ray White auf den Punkt:
"I think what has happened is that the demographic has changed. The cars that presently seem to be in demand are the 'fast Fords'. In fact they seem to have lifted the price of more common place Fords as well. Minis are another good seller. Other 1980s and 90s cars are also doing well for nostalgic reasons.
We have to face the reality of the situation that most pre pre 1960 cars are likely to appeal to an ever reducing market as the older guys fade away.
The same thing happened to pre War vehicles when the then younger enthusiasts came on the scene some time ago.
Likewise, veteran and vintage enthusiasts are very thin on the ground and now form a tiny sector of the overall old car market.
Interestingly, however, if the cars are still relevant - or have a genuine purpose - then they will hold their price. A LBR eligible veteran car will (and always has been ) more desirable than another - perhaps better car - from 1905 onwards.
I am hoping that in time the present craze for what to me seem like modern mass produced expendables will wear off and the market for rarer classic cars will recover." (2)
Die Preise, die man in englischen Zeitschriften und online findet, treiben mir nach rund 35 Jahren Austin-Leidenschaft die Tränen in die Augen. Ein fahrbereiter Austin Seven Ruby 1935 für 5.000 Pfund, ein voll restaurierter, komplett überholter Austin Seven Chummy von 1926 für 15.000 Pfund, ein Box Saloon (30-34) im Schnitt 7.000 ... lassen wir das.(3)
Quelle: www.carandclassic.com (bearbeitet: Stoll-Berberich, 2025)

Fazit: Sie haben einen Austin Seven - behalten Sie ihn. Sie wollen einen Austin Seven verkaufen - dann legen Sie die Gewinnmaximierungsbrille ab und betrachten das Ganze als Erfahrung. Sie wollen einen Austin Seven kaufen - dann machen Sie es einfach, pflegen Sie das, was Sie haben, halten Sie ihn am laufen und genießen Sie die gemeinsame Zeit. Sollte sie der Ehrgeiz packen, dann betrachten Sie jeden Arbeitsschritt, jeden Kauf von Ersatzteilen und jede Dienstleistung als Teil eines Hobbies, welches Spaß, aber keinen pekuniären Mehrwert bringt.

(1): https://www.hagerty.co.uk/articles/market-analysis/the-current-state-of-the-market-down-but-not-out (zuletzt besucht am 17.06.2025)

(2): Ray White, 25. Februar, 2025, www.oldclassiccar.co.uk/forum/phpbb/phpBB2/viewtopic.php?p=191101&sid=1d3fdfbe4d882831e03d595e797e7ed5 (zuletzt besucht am 17.06.2025)

(3) https://www.carandclassic.com/list/3/austin+seven/?page=2 (zuletzt besucht am 17.06.2025)