Sonntag, 24. Dezember 2017

Buchkritik - David Morgans "Immortal Austin Seven"

Als das Buch im Frühjahr 2017 angekündigt wurde, habe ich gleich die Bestellung aufgegeben. Ich musste zwar bis November 2017 warten, bis ich den ersten Blick hineinwerfen konnte, aber dieses lange Warten hatte zwei Vorteile.



Zum einen erhielt ich das Buch zum Vorteilspreis von 39,54 € und nicht wie damals angekündigt 45 €. Nun gut... immer noch ein stolzer Preis. Zum anderen konnte ich mir überlegen, ob sich das Geld lohnen würde für ein Buch, das sich wieder mit dem einen Thema, dem einen Fahrzeug beschäftigt. Was soll ein Autor denn anders machen, als all die anderen Autoren zuvor, bei einem Fahrzeug, das insgesamt nur 17 Jahre gebaut wurde und dessen letztes Fahrzeug vor 78 Jahren vom Band lief?



Ich mache es kurz: Das Buch ist ein Volltreffer. Auch wenn natürlich immer wieder bekannte Bilder auftauchen, die in einer guten Chronik einfach nicht fehlen dürfen, so sind es die vielen, gut kombinierten historischen Fotos, Katalogseiten, technische Zeichnungen und die aktuellen Schnappschüsse, die dieses Buch zu einem stetigen Hingucker - Nein, Hineingucker - machen. In insgesamt 18 Kapiteln widmet sich der Autor allen Bereichen des Autos, der Firma Austin und allem, was dazu gehört.



Das geht über die Entstehungsgeschichte... kennt man, aber durch die Betrachtung der Austin Werke und Einblicke in die Frühgeschichte Austins eine interessante Variante. Dies umfasst die militärische Nutzung des Fahrzeuges, die Austins als Flugzeuge... ausländische Varianten etc.



Die interessante Art der Gestaltung und die Themenwechsel machen das Buch zu etwas Besonderem.

Um aber auch Spaß an der Fülle der Informationen zu haben, sollten die Englischkenntnisse das Schulmaß schon überschreiten, denn nur so ist der doch recht komplexe Stil des Texts wirklich ein Genuß.

Bewertung
Wenn ich es bewerten muss, dann 5,5 von 6. Den einzigen Abzug - aber das ist rein persönlich - gibt es für die vielen Seiten, die sich den Rennmodellen und Sonderbauten widmen. Das interessiert mich als Puristen, als Nietenzähler mit Interesse an der Serienproduktion überhaupt nicht.

5,5 - 6




Dienstag, 1. August 2017

Speedometer "Lucas Magmo" - Instandsetzung

Um ehrlich zu sein, muss ich hier anmerken, dass ich selten auf den "Speedometer" schaue, denn in Bezug auf die Geschwindigkeitsangaben entspricht die Präzision einem befeuchtetem Finger, den man in den Fahrtwind hält. In Bezug auf die gefahrenen Kilometer, oder vielmehr Meilen, sind für mich eher die bewältigten Strecken anhand des Fahrgefühls entscheidend. Manchmal läuft alles über 40, 50, 80 km hervorragend. Manchmal hingegen entwickeln sich selbst kleine Strecken zu Torturen, was nützt mir da die Meilenangabe. 

Spätestens wenn ich Ölwechsel mache oder zum TÜV muss, werfe ich bzw. der Prüfer einen Blick auf den Tacho.

Tja...und so kam es, dass ich mit folgender Feststellung heute den Entschluss fasste, den Tacho wieder gangbar zu machen. Die Feststellung kurz vor dem TÜV-Termin "immer noch 6143 Meilen und das seit 4 Jahren!" brachte den Entschluss. Auch wenn die Geschwindigkeit noch gemessen wird, so zeigt sich der Meilenzähler eher widerspenstig. 

Kurzum, das gute Stück wurde ausgebaut. Absolut keine Hexerei. Der Tacho hat eine zentrale Schraube, einen Bügel und eine Mutter mit Unterlegscheibe. Man löst die Tachowelle und die besagte Mutter und schon kann man den Tacho entnehmen.

Bild 1: Ausgebauter Tachometer. 
Bild 2: Der Ausbau des Tachometers ist denkbar einfach. Schraube (Bild 1) lösen, Bügel nach hinten abziehen und Tachometer nach vorne ziehend aus dem Armaturenbrett herausziehen.



Sobald das geschehen ist, wird der Tacho auf eine saubere und weiche Stoffunterlage gepackt und als Bastler schaltet man von Grobmotorik auf Feingefühl. Alle Schritte sollten sorgfältig durchgeführt, die unvermeidbar ölig werdenden Finger regelmäßig gereinigt, die Schrauben und Werkzeuge sicher an den Rand gelegt werden und generell gilt.. KEINE GEWALT!

Da das Internet zuerst befragt werden sollte, verweise ich hier auf den hervorragenden - auf einen Artikel von 2009 von Mike Davis aufbauenden -  Beitrag des Bristol Austin Seven Club. Auch wenn der verlinkte Beitrag etwas knapp ausfällt, so gewährt er doch Einblicke, die, so hoffe ich, auch in diesem Beitrag zu finden sind und liefert zudem Hinweise für weitere typische Probleme des Tachos.

Vorgehen

Zuerst löst man die zwei Schrauben auf der Rückseite und den Chromring mit der Glasscheibe. Der Chromring muss nur leicht gedreht werden, so dass er mit seinen Laschen auf die Aussparungen am Tachogehäuse trifft und einfach abgenommen werden kann.

Sodann entfernt man noch den beschrifteten Blendrahmen, der die Mechanik verdeckt, aber auch hier bitte die Teile nicht mit öligen Fingern anfassen und das Teil weit vom Arbeitsplatz entfernt aufbewahren. Der filigrane Druck der Beschriftung ist äußerst empfindlich.

Bild 3: Diese zwei Schrauben halten das Innenleben des Tachometers im Gehäuse.

Bild 4: Durch leichten Druck und sanftes Drehen lässt sich der Chromring samt Dichtung und Glas vom Gehäuse lösen.

Bild 5: Die Blende, die die Mechanik verbirgt, muss vorsichtig herausgehebelt werden.


Nun folgt ein Schritt, der in Anbetracht aller folgenden Schritte mir am meisten Kopfzerbrechen bereitete. Das Entfernen des "Innenlebens" aus dem Gehäuse. Da die Tachowellenschraube schräg nach unten weggeführt wird, das Innenleben aber gerade aus dem Gehäuse gezogen werden muss, dauerte dieser Schritt etwas länger. Mehrere Ansätze waren notwendig. Zwischen dem "Innenleben" und dem Gehäuse befindet sich noch eine Gummidichtung, die es gilt nicht zu beschädigen.

Bild 6: Das Innenleben - wenn auch mühselig - wurde aus dem Gehäuse gezogen.


Sobald man das Innenleben vom Gehäuse befreit hat, ist Vorsicht angesagt. Die sich drehende Tachoscheibe hat keinen Schutz. Somit ist sie bei allen Arbeiten immer den Werkzeugen, Fingern und Unterlagen ausgesetzt und aufgrund ihrer Beschaffenheit und der filigranen Feder besonders empfindlich.

Der Übeltäter beim Problem "Meilenangabenverweigerung" ist ein kleiner Mitnehmer, der, durch eine exzentrische Welle und eine kleine Feder entsprechend bewegt, den Kranz der äußersten Rolle in Bewegung setzt bzw. setzen soll. Das Gussgehäuse neigt dazu sich zu verformen, sich mit verharztem Öl und Ablagerungen zu zusetzen und somit den Hebel zu behindern. 

Erster Schritt ist das Entfernen des Hebels. Dazu muss man auf der Rückseite eine Schraube lösen, die die Sicherungsplatte freigibt. Das Entfernen der Sicherungsplatte ermöglicht das Herausziehen der exzentrischen Welle, die - verbunden und angetrieben durch ein Zahnrad, welches durch ein Schneckengetriebe in Bewegung gesetzt - den Hebel bewegt.

Bild 7: Auf der Rückseite des Tachometers befindet sich eine Schraube, die die Sicherungsplatte für die Exzenterwelle und das Schneckengetriebe arretiert.


Bild 8: Nachdem die Sicherungsschraube gelöst wurde, lässt sich die Sicherungsplatte (unten rechts) entfernen und die Exzenterwelle samt Zahnrad (unten links) aus dem Gussgehäuse ziehen.

Alle Teile mit Waschbenzin vorsichtig reinigen und beiseite legen. 
Die kleine Feder auf dem Mitnehmer entfernt man ambesten mit einer Pinzette und ambesten auf der Seite des Mitnehmers. In meinem Falle blieb sie am Gehäuse dran und störte während der Arbeiten auch nicht weiter. Nun muss der Hebel aus dem Führungsschlitz des Gehäuses gezogen werden. Dies war sehr mühsam, da er sich kaum noch bewegen ließ. Durch Zugabe von Waschbenzin und Wiederholung der immer gleichen Bewegungen, ließ er sich allmählich aus dem Schlitz entfernen.

Diese Öffnung gilt es nun durch eine Nadelfeile und feinen Schmirgel (1000) zu weiten (Das Thema entwickelt sich in eine zweideutige Richtung!), damit sich der Hebel problemlos bewegen lässt.
In Anbetracht des verwendeten Materials (Spritzguss) ist hier äußerste Vorsicht geboten. Lieber in kleine Schritte mit viel Bedacht, als das Gehäuse und damit den Tacho beschädigt zu haben.

Bild 9: Ganz links erkennt man die Rollen mit den Zahlen und die Zahnung für den Mitnehmer. Der Mitnehmer wird von einer feinen Feder in Richtung Rollen gezogen. Der Hebel wird durch das Gussgehäuse geführt und man erkennt am Ende des Hebels die Achse der Exzenterwelle. 

Sobald sich der Hebel einsetzen lässt, sich leicht bewegt aber kein Spiel hat, kann alles wieder zusammengesetzt werden. Alle Teile schön vorsichtig ölen und fetten und das Ganze wieder zusammensetzen. 
Der manuelle Test war bereits erfolgreich, der Dauertest steht noch aus.

Wer seinen Tacho zurücksetzen möchte, also auf Null setzen, kann dies ebenfalls in diesem Schritt machen. Dazu muss ein hauchdünner Metallstreifen verwendet werden, aber mehr dazu auf dem obigen Link.

Nachtrag

Nach der manuellen Probe erfolgte ein Tag später die Probefahrt. Der Zähler rotierte kontinuierlich durch und registrierte eine Fahrstrecke von 49 Meilen oder 79 Kilometer. Neuer Stand 6192 mls. Erfolgreiche Instandsetzung.

Links



Montag, 17. April 2017

Wechsel eines gebrochenen Radbolzens (Hinterachse) - RP Box Saloon 1934 - Teil 7 - Zusammensetzen

Nachdem die Teile "theoretisch" zusammengesetzt worden waren, wurde nun der praktische Teil in Angriff genommen. Die Teile wurden lackiert, wobei alle Partien, die Gewinde hatten bzw. dort wo Teile direkt aufeinander treffen, abgeklebt oder abgedeckt wurden.


Dies galt auch für die neuen Schrauben, die die Bremstrommeln auf dem Hub halten.


Das Hubgehäuse mit den neuen Radbolzen erhielt auch auf der Innenseite eine Lackierung, nämlich dort, wo die neue Filzdichtung eingesetzt wird. Diese wurde zudem mit Öl eingeölt, um ein "Fressen" bei den ersten Umdrehungen zu vermeiden oder zumindest zu reduzieren. 


Die eingesetzte Dichtung auf die später eine spezielle Unterlegscheibe aufgelegt wird, wobei diese aufgrund eines leichten Absatzes so aufzulegen ist, dass die Unterlegscheibe nicht das Innenlager berührt.


Das eingesetzte Lager, welches nach dem Einbau sorgfältig gefettet wurde. Hierzu wurde eine Einwegspritze aus dem Medizinbereich benutzt.


Das Aufsetzen der hinteren Hubhälfte ging völlig problemlos vonstatten, allerdings zeigte sich, dass die neue Mutter beim Anziehen nicht plan auflag, sprich das Lager nur punktuelle angedrückt wurde. Dies schien an einem Produktionsfehler beim Erstellen der Mutter zu liegen. Vermutlich wurde die Mutter nicht aus einem langen Rundteil gefertigt sondern vor der Erstellung des Innengewindes bereits auf die passende Tiefe abgelängt. Beim Schneiden des Gewindes scheint das relativ dünne Bauteil, welches kaum über Flanken verfügt, die beim Festsetzen im Backenfutter einer Drehbank genug Halt bieten, verrutscht zu sein. Somit entstand ein Gewinde mit falscher Gewindesteigung, aber dies ist nur eine Theorie... es wurde die alte Mutter eingesetzt. Das Problem damit behoben.
Danach erfolgte das Festsetzen der Sicherung.


Nach Aufbringen der Papierdichtung wurde das äußere Hubgehäuse aufgesetzt und mit der Kronenmutter und den Radbolzen gleichmäßig und langsam auf das Lager gezogen. Die kritische Stelle ist hier der Keil, der sich leicht verschiebt und ein perfektes Heranziehen der Steckachse verhindern könnte. Nach einem Gespräch mit dem Technik-Guru schlechthin wurde der Zusammenbau vorher genau vermessen und probiert. 


Die Hubhälften sitzen, die Kronenmutter ist angezogen und mit einem neuen Splint gesichert. Bevor die Gewinde lackiert werden, um Korrosion zu vermeiden, wird die Konstruktion auf Zuverlässigkeit und Korrektheit getestet. Das Lager, bzw. die Lagerschale, wurde nun gänzlich mit Fett gefüllt.


Die Bremstrommel wurde mit den neuen Schrauben befestigt und angezogen.


Die neuen, leider nicht mehr verchromten Radmuttern, wurden angezogen und während der ersten Testfahrt mehrfach kontrolliert. 

Dienstag, 11. April 2017

Wechsel eines gebrochenen Radbolzens (Hinterachse) - RP Box Saloon 1934 - Teil 6 - Zusammensetzen - Erste Schritte

Langsam geht es weiter. Nachdem alle Nieten auf der Hubinnenseite nachbearbeitet worden waren, damit die Hubhälften optimal aneinander drücken - also plan aufliegen - wurde alles einmal zusammengesetzt. Papierdichtung dazwischen, dann die Bremstrommel drauf und... schön...



Montag, 10. April 2017

Wechsel eines gebrochenen Radbolzens (Hinterachse) - RP Box Saloon 1934 - Teil 5 - Nieten

Nachdem die Niethilfen angefertigt worden waren und alle Schritte nochmals durchgespielt worden waren, konnte nun der erste eigene Versuch des Nietens erfolgen. Zwei Dinge fielen beim Nieten in der Fachwerkstatt auf, die ein anderes Vorgehen bzw. den Einsatz von Niethilfen erforderlich machten.

  • Zum einen ließen sich die Niete nicht direkt in die schlecht fluchtenden Bohrungen einpassen. Daher wurden die Löcher des Radbolzen mit einer Nadelfeile leicht geöffnet. Hier reichte das sanfte Bewegen der Feile, um die Niete hineinfallen zu lassen.
  • Zum anderen neigten die Niete in der Originallänge leicht zum Umknicken. Da noch grob Erfahrungswerte vom Nieten in der Instandsetzungswerft vorlagen, wurden die Niete um ca. 3mm - inklusive Sägefläche abgelängte. 

Das Bauteil wurde eingesetzt, die ganze Konstruktion angezogen und die Niete abgelängt. Danach erfolgte das Schlagen der Niete mithilfe eines Hammers. Die Konstruktion bewährte sich derart gut und die Länge der Niete schien relativ gut gewählt zu sein, so dass die angefasten Bohrungen sich komplett schlossen.



Ein Problem verbleibt aber noch. Die Nietköpfe sind zu groß für die Originalbohrungen auf dem Hub. Hier sollte mann die Niete zuvor etwas zurückschleifen, allerdings mit größter Vorsicht, da sonst der Gegendruck beim Schlagen, falls die Nietköpfe nicht auf dem Ring der Niethilfe aufliegen,  verloren gehen könnte.

Die Bewährungsprobe steht noch aus. Nun geht es an den Einbau.

Sonntag, 5. März 2017

Wechsel eines gebrochenen Radbolzens (Hinterachse) - RP Box Saloon 1934 - Teil 4 - Niethilfen

Nachdem ich meinen ausgebauten Hinterachs-Hub durch eine renommierte Fachwerkstatt dahingehend in Stand habe setzen lassen, dass der gebrochene Radbolzen gewechselt wurde, überlegte ich mir, dass auch ein weiterer Radbolzen, der bereits eine gewisse Krümmung und damit Dehnung erfahren hatte, doch gleich auch gewechselt werden könnte. Könnte! Aber nicht so, wie die Fachwerkstatt dies bewerkstelligt hat. Warum nicht? Weil ich es anderes gelernt habe. 

Als ich seinerzeit in der Metallerei einer Flugzeugwerft arbeitete, wurden genietete Teile des Flugzeuges von unserer technischen Einheit demontiert, zerlegt und instandgesetzt. Alles Bauteile, die in der Preisspanne zwischen wenigen hundert Euros bis hin zu ganzen Einfamilienhäusern, ja selbst Wohnhaussiedlungen lagen. Da konnte es dann schon einmal vorkommen, dass Arbeitsschritte genau vorher festgelegt wurden und mehrfach besprochen werden mussten. Alles, damit die Bauteile keinen Schaden nahmen und eine technische Abnahme der Flugzeuge nach der Instandsetzung gewährleistet war.

Warum diese ausführliche Beschreibung? Weil ich das Lösen von Niete (alle Arten) als Routine verinnerlicht hatte. Während die Fachwerkstatt das Lösen des gebrochenen Radbolzens dadurch bewerkstelligte, dass die Rückseite des Bauteiles mithilfe einer Schleifmaschine so geschwächt bzw. entfernt wurde, dass der Bolzen nur noch an Nietresten hing, wobei hierbei die Gefahr bestand, dass durch Abrutschen oder Überhitzen des Bauteiles Schäden hätten entstehen können, ging ich auf die mir bekannte Weise vor.

Die Niete wurden gekörnt, eine Standbohrmaschine mit einem hochpräzisen HSS-Bohrer bestückt und das Ganze so eingestellt, dass der Bohrer nur den Niet, nicht aber den Hub bohren konnte. Nachdem beide Bohrungen gesetzt waren, ließ sich bei einem der Niete der verbliebene Kranz des Nietkopfes entfernen und der Niet mit einem Dorn vorsichtig heraustreiben. Der zweite Niet hingegen musste vom verbleibenden Kranz dahingehend gelöst werden, indem durch Schlagen mit dem Dorn der Kranz abriss und der Nietrest sich löste. Danach ließ sich der verbogene Radbolzen aus dem Hub ziehen.

Nun galt es den neuen Radbolzen einzusetzen und jetzt offenbarte sich, was auch der Fachwerkstatt nur mit größter Mühe gelungen war und die die vom Werkstattbesitzer gestellte Frage nach einer Radmutter erklärte.

Während das Einsetzen des Ersatzteiles in den Hub noch leicht von der Hand ging, ließ sich immer nur ein Niet in die gefasten Öffnungen setzen. Sobald ein Niet eingesetzt war, weigerte sich der zweite Niet. 

Des Rätsels Lösung liegt in der Qualität der Ersatzteile. Die Löcher des Hubs und des Radbolzens fluchten nicht. Sitzt der eine Niet, passt der andere nicht. 

Der erste Versuch die Niete zu schlagen, funktionierte zwar, allerdings lag der Radbolzen mit seiner Auflagefläche nicht bündig auf dem Hub auf. Die Kräfte beim Einschlagen des Niets in die nicht fluchtenden Löcher ließen sich nicht auffangen und so bildete sich ein Spalt zwischen beiden Bauteilen, der nicht mehr zu schließen war. 

Die Frage nach einer Radmutter, die vom Werkstattbesitzer gestellt wurde, diente alleinig dem Zweck, die Bauteile aneinander zu ziehen, wobei die Mutter beim Nieten dann die benötigte Auflagefläche für den Nietkopf versperrt hätte.

Da musste eine Lösung her: Die Radmuttern sollen die Teile aneinander ziehen. Die Niete sollen auf einer planen und festen Oberfläche aufliegen. Ich vermaß alle Teile, dimensionierte die Platte so, dass sie möglichst viel Auflagefläche bot, um währen der Arbeit den Hub plan aufliegen zu lassen. Während auf der einen Seite die Scheibe plan sein sollte, erhielt die andere Seite, vielmehr das Loch für den Radbolzen, noch eine Fase. 

Um auch von der anderen Seite die Niete bearbeiten zu können, musste eine Art Kranz erstellt werden, der die Niete plan aufliegen lässt und das herausstehende Mittelteil des Hubs auffängt.






Gut! Wer erstellt die Teile? Mal schnell daran erinnert, dass ich vor rund 10 Jahren einen Praktikanten bei einer Dreherei besucht hatte und ab ins Auto. 

Der Chef der Firma zeigte sich interessiert, stellte Fragen und zeichnete neu. Er schien auch Interesse am Thema „Nietverbindungen“ zu haben. Ich musste ihm erklären, wozu ich die Teile bräuchte und er wollte wissen, ob ich mich mit Nieten (aus meiner beruflichen Sicht eine doppeldeutige Frage, die ich mit entsprechenden Grinsen kommentierte) auskenne. 

Sein Interesse basierte auf der Tatsache, dass er vor kurzem eine sehr alte Kupplung hatte neu anfertigen müssen, die aus aneinander genieteten Stahlscheiben bestand und heiß genietet werden musste. Das Problem waren weniger die neu anzufertigen Stahlscheiben – für diese Firma, die hochpräzise Dreh- und Frästeile für Pumpen und Extruder baut eher ein Klacks – sondern jemanden zu finden, der heute noch mit heißen Niete arbeiten kann. Bei diesem Problem zeigte ich mich verwundert und nannte ihm auf Anhieb drei Werkstätten, die alte Dampfkessel restaurieren und neue Kessel konstruieren können und daher so etwas routinemäßig betreiben. Man tauschte sich also aus und ich erhielt nach 5 Tagen zwei wunderschöne Drehteile, die demnächst ihre Prüfung zu absolvieren haben. Fortsetzung folgt!