Austin Seven

Seine Entstehung

Es war die drastische Anhebung der englischen Fahrzeugsteuer von 6 Pfund auf 23 Pfund pro Jahr am 1. Januar 1921, die den Ausschlag gab, einen neuen, kleinen Fahrzeugtypen zu entwickeln, um die voranschreitende Motorisierung nicht abreißen zu lassen. Konnten sich bis dahin immer mehr Menschen ein eigenes Fahrzeug leisten, so mussten die Kunden aufgrund der Steuerlast entweder ganz auf ein Auto verzichten oder sich mit einem Motorrad mit Beiwagen begnügen. Bei einem durchschnittlichen Monatslohn von 12 Pfund stellte die Anhebung um 17 Pfund eine enorme Belastung für den damaligen Automobilsten dar. Die hieraus resultierenden Verkaufsverluste konnten nur durch eine angepasste Kubikzentimeterzahl ausgeglichen werden.

Sir Herbert Austin in einem Austin Seven 1922, Quelle: wikipedia.de
Der Austin Seven verfügte anfänglich über 696ccm bei 7,8 RAC Horsepower, später waren es 747.5ccm, welche die Steuerlast auf acht Pfund im Jahr sinken liess und einen der Hauptgründe für den enormen Verkaufserfolg darstellte. Allerdings war auch sein Verkaufspreis für den Siegeszug entscheidend.

Für gerademal 225 Pfund – also knapp 30 Pfund mehr als ein voll ausgestattetes Motorrad mit Beiwagen – war dieses Fahrzeug erhältlich. Dieser Preis konnte bis zum Schluss durch Massenproduktion auf circa 130 Pfund gesenkt und gehalten werden. Unterschiedliche Leistungen und Ausstattungsmerkmale konnten diesen Preis auch verändern.

Ein weiterer Indikator für den Erfolg des Seven stellen zwei dem Seven bzw. den Austin Werken gewidmeten Lieder dar. Welches Fahrzeuge kann schon zwei Musiktitel aufweisen?

Aber auch seine technische Entwicklung ist bemerkenswert. Nicht etwa Sir Herbert Austin selbst entwickelte das Fahrzeug – ein junger Angestellter, der schon seit dem vierzehnten Lebensjahr für die Austinwerke arbeitete – entwickelte den Seven in der Privatwohnung von Lord Austin of Longbridge, dies meist in den Abendstunden und angeblich auf dem im Haus vorhandenen Billardtisch. So erklärt sich vermutlich die Grösse dieses legendären Kleinwagens.

Mit einer Gesamtstückzahl von 290.000 und einer Jahresspitzenproduktion von 27.280 im Jahre 1935 eroberte er die Herzen hunderttausender Briten und avancierte zum «Motor for the Millions». Dieser Erfolg war jedoch nicht nur auf Großbritannien beschränkt, sondern weitete sich über den gesamten Globus aus. Der Austin Seven wurde in Lizenz in Deutschland (Dixi, Dixiwerke Eisenach, BMW-Dixi), Frankreich (Rosengart), USA (Bantam) und Japan (Datsun) gebaut.

Seine Erfinder


Sir Herbert Austin 


Herbert Austin wurde 1866 in Great Missenden, Buckinghamshire, als Sohn eines Landwirtes geboren, doch kurz nach der Geburt zog die Familie nach Wentworth in Kent. Herbert besuchte das örtliche Gymnasium, das ihm erlaubte, seinem technischen Interesse nachzugehen. Schon früh wurden seine Talente erkannt und gefördert.

Nach seinem Schulabschluss schickten seine Eltern ihn in die Lehre bei seinem Onkel, einem Architekten. Doch schon bald musste die Familie erkennen, dass Austin keinerlei Interesse für das Architekturstudium zeigte. Daraufhin sollte er bei der Northern Railway Company eine Ausbildung zum Engineer anfangen, doch aufgrund der hohen Nachfrage wurde er nicht angenommen. Herbert kam auf die Warteliste.

Unterdessen kam 1884 ein Onkel aus Australien zu Besuch, der einen technischen Betrieb in Melbourne führte. Dieser Onkel nahm sich des jungen Austins an und versprach ihm Arbeit in seinem Betrieb. Zwei Tage nach seiner Ankunft in Melbourne, nahm Herbert die Arbeit auf. Er wechselte jedoch mehrfach den Arbeitgeber, bis er bei der Firma Wolseley landete, die sein Talent erkannte und ihm die australische Firmenvertretung in der Funktion eines Managers anvertraute. Seine Erfindungen waren so außergewöhnlich, daß ihn sein Arbeitgeber nach England zurückbeorderte.

Neben dieser Tätigkeit arbeitete er an einem Fahrzeug, das im Jahre 1900 die 1000-Meilen-Testfahrt gewann. Ausserdem erreichte es den zweiten Platz in seiner Klasse. Schnell kam er in seiner Firma, die teilweise von Vickers Sons and Maxim übernommen wurde, an die Spitze. Doch schon bald, im Jahre 1905, machte er sich, unterstützt durch einen befreundeten Geldgeber, selbständig. Er gründete seine Firma in Longbridge und erweiterte sie schon 1914. Durch die Produktion von kriegstechnischem Material stieg die Arbeitnehmerzahl seines Betriebes rasch auf 22'000 an. Für seine Leistungen in der Massenproduktion wurde er geadelt.

Nach dem Krieg entschloss Austin sich, sein Interesse auf die Produktion eines Fahrzeugtyps zu konzentrieren. Fortan wurde nur noch der Austin Twenty gebaut. Da jedoch die Nachfrage an großen Limousinen nachließ, wurde alsbald der Austin Twelve als abgespeckte Version fortgeführt. Eine weiterhin stark sinkende Nachfrage und der auf der anderen Seite steigende Bedarf an erschwinglichen Fahrzeugen zu einem Preis von unter 500 Pfund ließen die Idee eines Kleinwagens aufkommen. Sir Herbert Austin verstarb am 23. Mai 1941.

Stanley Edge


Stanley Edge wurde am 5. August 1903 geboren und verließ mit 14 Jahren, in einem damals üblichen Alter, die Schule. Er erhielt eine Stelle als technischer Zeichner in der Konstruktionsabteilung der Austin Motor Company. Sein Wissensdrang und seine Begabung, alles bis ins kleinste Detail zu erforschen und zu erkunden, ließen Sir Herbert Austin auf den jungen Mann aufmerksam werden. Er beauftragte Stanley, bei der Entwicklung des Austin Seven als Designer mitzuhelfen.

Edge wurde bald ein gern gesehener Gast in Lickey Grange, dem Wohnsitz der Austins. Hier entwarf er zusammen mit Austin den Austin Seven, wobei die beiden meist in den Abendstunden im Billardsalon kreativ wurden. Edge konstruierte den gesamten Antrieb und übernahm Teile des Designs. Nachdem die Pläne beendet und sechs Prototypen hergestellt waren, begab sich Edge wieder in die Konstruktionsabteilung der Austin Werke, mit dem Ziel die Produktionskosten zu senken.

Später befreundete er sich mit Austins Stiefsohn und zusammen entwickelten sie die erfolgreichen Sportmodelle des Seven. Er verließ die Austin Werke 1925 für knapp ein Jahr und konstruierte mehrere Maschinen für eine Landmaschinenbaufirma. Stanley Edge verstarb 1990.