Zweimal… zweimal habe ich Situationen erlebt, die mich an die Geschichte unseres Restaurateurs erinnerten, der uns bei der Übergabe unseres vor rund 25 Jahren gemachten Autos sagte: „… he could not brake in time an‘ got under a milk lorry… chopped his head off… life and car lost!“
Gut, das dramatische Ende musste ich so nicht erleben, schon gar nicht zweimal, aber in beiden Fällen stockte mir der Atem und ich geriet in eine Phase der Aggression und kritisch erhöhtem Puls. Bei einem Stopp an der Ampel, also in der Phase, wo man schon abbremst, weil man weiß, dass man in rund vier Fahrzeuglängen stehen bleiben muss, überholte mich noch ein Jugendlicher (eine motorisierte Körperendöffnung), um nach dem Ampelstopp unbedingt vor mir zu sein. Eine an geistiger Größe kaum zu übertreffende Handlung (die aktuelle Bundespolitik mal ausgenommen). Nur das geschickte Ausweichen auf einen fahrradfreundlich flachen Bordstein verschonte mich vor den Folgen der Impulsgesetze… beim zweiten Mal war es eine Dame, die meinte, dass man bei so einem Autochen doch noch schnell aus der Ausfahrt eines Supermarktes ziehe könne. Kann man schon, gute Dame, aber ich kann nicht bremsen, wie moderne Fahrzeuge.
Beide Situationen waren knapp und immer wieder eine Erinnerung wert, wenn es auf einen Tripp mit dem Austin ging. Dass dieses Problem nicht neu ist, zeigt sich schon in Artikeln der 1920er Jahre und ein Motorsportmagazin aus dem Jahre 1950 weist in einem Artikel für Bastler darauf hin, dass „Let us now consider what faults are common to all Austin Seven models and what steps we may take to overcome them. The most outstanding, of course, are the poor brakes which received periodic attention from the manufacturer, and the monumental oversteer which makes anything approaching rapid cornering a fearful dice.”
Lange Rede kurzer Sinn, was damals schon als grenzwertig empfunden wurde, was in Eigenerfahrung zu Angstschweiß führte und jeden TÜV-Prüfer zu einem gefürchteten Gegner macht, das hat auch den Niederländer Hugo Blankenbijl ins Grübeln gebracht und er hat eine mechanisch überzeugende Lösung gebaut. Im Magazine of the Austin Seven Clubs 2018B Edition stellte er seinen zusätzlichen Bremshebel vor, der das Bremssystem optimiert, keine Schäden an der Originalsubstanz des Fahrzeuges verursacht und zumindest in den Niederlanden erlaubt zu sein scheint. Wie das die Herren der Akronym-Fraktion in Deutschland sehen… gute Frage!?
Was hat er gemacht? Das Bild verrät es. Er nimmt einen langen Hebel, den er zwischen die Sitze packt, das Ganze mit einem Bowdenzug versehen und an das bestehende System angeschlossen. Als kleine Dreingabe noch Spannschlossversteller für die hinteren Bremsseile und für die vorderen Bremsen die in Doug Woodrows The Austin Seven Manual gezeigte Optimierung der Justierung. Die Kombination der verschiedenen Maßnahme ermöglicht eine verstärkte Nutzung der vorderen Bremsen über das neue Handbremssystem, während die Kraft des Fußpedals nun in Gänze nach hinten geht. Ausprobiert hat Herr Blankenbijl das Ganze an seinem Austin Seven 1932 Two Seater und in einem Telefonat mit ihm schwärmte er von der Funktionstüchtigkeit.
Quelle: Hugo Blankenbijl, Magazine of the Austin Seven Clubs 2018B Edition |
Quelle: Hugo Blankenbijl, Magazine of the Austin Seven Clubs 2018B Edition |
Nein, ausprobiert habe ich es noch nicht… vielleicht, wenn mich das Schicksal ein drittes Mal piesackt… oder vielleicht doch schon ohne Nahtoderlebnis? Mal sehen! Sollte jemand mehr Vorsicht walten lassen und den Umbau vornehmen, so möge er es in einer weiteren Ausgabe unseres Magazins kundtun.
Bis dahin…. Happy braking and safe Sevening!
Quelle: Hugo Blankenbijl, Magazine of the Austin Seven Clubs 2018B Edition, übersetzt und adaptiert: Stoll-Berberich 2019
Quelle: Hugo Blankenbijl, Magazine of the Austin Seven Clubs 2018B Edition, übersetzt und adaptiert: Stoll-Berberich 2019