Dienstag, 26. Juli 2022

Oldtimer Markt Edition Motorist 2022 - Kaufempfehlung zu Austin Seven - Gedanken eines Lesers und Austin Seven Besitzers

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Quelle: Oldtimer Markt

Immer wieder freue ich mich, wenn der Austin Seven in den Medien zu sehen ist. Seit mehr als über 30 Jahren hänge ich an diesem Fahrzeug und ich würde mich selbst zu den technikinteressierten, nietenzählenden, vorsichtigen Schraubern zählen. Ich halte diese kleinen Fahrzeuge aufgrund ihres Alters und ihrer Geschichte für rollende Kulturgüter, die es - wie Fachwerkhäuser, Kunstwerke und Literatur - zu schützen gilt.

Der Artikel aus der Oldtimer Markt Edition Motorist 2022, Seite 24f, der mir durch Zufall in die Hände fiel, stellt die Materie meines Erachtens zu einfach, zu salopp dar. Ja, einen Austin Seven zu kaufen ist ein leichtes, aber einen guten, soliden und authentischen Seven zu besitzen, ist eine ganz andere Ebene.

Günstiger Einstiegswagen - Ungünstige Wertentwicklung - Wenig Motivation zu aufwendigen Restaurierungen

Oldtimer-Markt schreibt:

HEUTE ist der Seven das ideale Spielfeld für Einsteiger mit Schrauber-Ambitionen. Eine Restaurierung ist nicht allzu knifflig, dafür sorgt die simple Technik, die Teileversorgung funktioniert besser als bei manchen Gebrauchtwagen, die Seven-Gemeinde ist großzügig und gut aufgelegt. Wer es drauf anlegt, kann sich aus Einzelteilen (gebraucht oder nachgefertigt) ein Auto mehr oder weniger selbst bauen. Nicht minder reizvoll ist es aber, einen gepflegten, hübsch patinierten Ruby zu kaufen und einfach loszufahren.

Da es sich um ein einfaches und - mit Verlaub - billiges Fahrzeug handelt, sind gute, aufwendige Restaurierungen nicht immer durchgeführt worden. Die gute Ersatzteillage ist für viele Klein- und Verschleißteile zwar richtig, animiert aber auch Schrauber der robusten und wenig am Originalzustand interessierten Gattung zu "wilder, unkoordinierter Arbeit". Die Ergebnis sind zum Teil erschreckend. So ist es nicht verwunderlich, wenn viele Austins, die auf dem Markt angeboten werden, verbastelt sind oder laienhaft zurecht gemacht wurden. Einen Austin Seven historisch korrekt zu restaurieren, ihn mit der richtigen Hupe, den richtigen Scheinwerfergläsern, den richtigen Winkern und dem richtigen Scheibenwischernmotor auszustatten, kostet ähnlich viel wie dies bei einem Triumph oder Rolls-Royce zu tun, aber der Wiederverkaufswert holt die Kosten nicht rein... Wer einen gut erhaltenen Austin hat oder selbigen in diesen Zustand gebracht hat, wird ihn erst einmal nicht wieder verkaufen.

Der Vorschlag, einen patinierten Ruby zu kaufen, ist sicherlich eine Alternative bis zu dem Tag, an dem etwas kaputt geht oder der Zustand der Patinierung dem der Verwahrlosung weicht. Dann muss eine Entscheidung her und die fällt beim Seven meistens zu Ungunsten des Fahrzeuges bzw. der Originalität und Qualität aus.

Wo viel geschraubt wird, wo Ersatzteile billig sind... da gibt es auch viel (pseudo-historischen) Schrott.

Oldtimer-Markt schreibt:

PRAKTISCH kann eigentlich wenig schiefgehen. Wenn man ein bisschen aufpasst jedenfalls - der Seven ist mit allem bestens versorgt, was ein fröhliches Oldtimerleben ausmacht. [...] Wie immer liegt das Vergnügen darin, mit den Beschränkungen zurechtzukommen, aus dem Minimum das Beste zu machen und die Wohlfühlzone zu finden. Bevor es Protest gibt: Manche Seven-Fahrer haben dann doch Bäume ausgerissen, das aber ist eine hohe Kunst, die man sich aneignen muss. Oder für große Scheine kaufen, aber sobald Begriffe wie „Ulster“ oder „Brooklands“ an einem Exemplar pappen, ist Vorsicht geboten. Das sind mit großer Wahrscheinlichkeit Phantasie-Kreationen und müssen als solche behandelt werden. [...]

Man kann einen Austin kaufen, Spaß haben und wenn es Ärger gibt, das Fahrzeug abstoßen oder einfach herumwerkeln und aufgrund des geringen Einkaufpreises die entstandenen Schäden und Verunstaltungen in Kauf nehmen. Das kann man machen und das machen auch viele. Viele kommen auf die Idee, sich ein Auto nach ihren Vorstellungen zu zimmern. Das ist der Moment, bei denen ich nur noch Wegschauen kann. Als ein deutscher Ruby-Besitzer (das Austin Seven Modell von 1934 bis 1939) eine voll erhaltene Ruby-Karosserie entsorgte, um sich auf dem Chassis eine zurechtgeschusterte Karosserie zu setzen, die dann als "Special" tituliert wurde... Wie der Artikel zurecht darstellt, kann man mit Fakes gutes Geld verdienen - für Seven Verhältnisse - und ein Standardchassis mit einem Ulster-Body versehen. Eine gängige Praxis, die gutes Geld verspricht... und mit einem Austin Seven wenig zu tun hat.